Der Atem des Meeres

Endlich wieder Kino! Dank niedriger Inzidenzen und dem Ende des Lockdowns, sowie der Wiedereröffnung der Lichtspielhäuser.

„Zeit is worn“ würde man bei uns in Bayern sagen. Ich gebe zu, ich habe Kino sehr vermisst. Besonders Horrorfilme - nein, dies ist keiner. Aber: Es ist einer der Filme, der in unseren Kinos immer nur für ganz kurze Zeit läuft.

Wie schon „die Erfindung der Wahrheit“ (ebenfalls sehr empfehlenswert) vor der weltweit grassierenden Seuche ist auch dies ein Film, der tatsächlich nur zu einem einzigen Termin bei uns im Cineplex unseres Vertrauens lief. Daher hatte „der Atem des Meeres“ die Ehre, die Kinosaison für uns neu einzuläuten.

Worum geht es in diesem Film?

Eines vorab: wenn ihr zu denjenigen gehört, für die ein Film ordentlich WUMMS haben muss, sowie eine Story die einem roten Faden folgt, und wenn ihr Ruhe nicht so gut aushalten könnt - dann lest nicht weiter. Dann ist dieser Film keiner für euch.

Denn: dieser Streifen läuft zwar unter „OV“ - was in diesem Fall niederländisch wäre, aber wirklich gesprochen wird hier nicht.

Vielmehr begnügt sich der Regisseur damit, die Bilder für sich sprechen zu lassen.

Wir folgen seiner Kamera, wie sie ein Muschelfeld zeigt das Wasser in die Luft spritzt, beobachten einen Postboten in seiner Lore, wie er über das Watt fährt um auf einsamen Halligen Pakete und Briefe an deren Bestimmungsort zu bringen, sehen, wie ein Rudel Raubtiere (nichts anderes sind Seelöwen und Kegelrobben) in eisigem Sturm der Kälte trotzen und miteinander kämpfen.

Nach einigen Minuten als Zuschauer im dunklen Kinosaal bekommt man, lässt man sich darauf ein, ein Gefühl dafür, warum der Dokumentarfilmer auf jeglichen gesprochenen Text verzichtet. Er lässt Landschaften im Mondschein für sich sprechen, Situationen aus dem Leben, begleitet einen Düsenjäger auf seinem Trainingseinsatz über der Nordsee, zeigt dabei spektakuläre Bilder und untermalt das ganze mit dem Rauschen, Blubbern und Gurgeln des Wassers, und gelegentlich mit den Klängen einer alten Orgel.

Es würde den Rahmen sprengen, alle Situationen aufzuzählen, die in diesem Film vorkommen, aber eins kann ich euch sicher sagen: Selbst wenn ihr, so wie wir, Liebende der Nord- und Ostsee seid, und dort mehrmals im Jahr aufschlagt, weil ihr vom Auf und Ab der Gezeiten einfach nicht genug bekommen könnt, werdet ihr in diesem Film noch immer viele Dinge sehen, die ihr nie zuvor gesehen habt. Auch, weil vieles unter Wasser spielt oder an Orten, an die man sonst eher nicht kommt.

Daher lohnt sich auch der Abspann, der ebenfalls schöne Szenen zeigt.

Wenn ihr auch mal Stille aushalten und das Gezeigte auf der Leinwand einfach nur genießen könnt, ohne einen Kommentator oder Erzähler, und wenn ihr Naturfilme liebt, dann ist dieser Film genau das Richtige für euch.

Dann ist es, als wärt ihr nicht in einem Kino in Bayern, sondern als wärt ihr für den Moment dort, wo es euch immer wieder hinzieht: An der Nordsee.